Ein literarischer Spaziergang und eine Erlebnis-Lesung zum Thema „Freiheit“
Mit Gerd Taron (Antiquar) und Karin Schmitt (Autorin)
1. Teil: Der literarische Spaziergang
Das Georg-Leber- Haus (IB-Hotel) in Kelkheim-Eppenhain – Zentraler Treffpunkt für den literarischen Spaziergang und für die Erlebnis-Lesung
http://internationaler-bund.de/index.php?id=10754
Eppenhain, 03.10.2013
Was für ein Tag – Sonne pur und das am Tag der Deutschen Einheit!
Der erste Eppenhainer Literatur-Erlebnis-Tag begann auf Schusters Rappen. Gerd Taron führte die kleine Gruppe durch das Eppenhainer Dorf. Mit dabei auch die Erlebnis-Autorin Karin Schmitt, die am Abend durch die Erlebnis-Lesung führte.
Gerd Taron mit zwei Teilnehmern vor der St. Josef-Kirche Eppenhain
Am alten Rathaus und wenig später am Haus „Wiesenau“ trug Gerd Taron die ersten Texte zum Thema vor:
Vor dem alten Rathaus am Brunnen in Eppenhain
Bürgerlied
Ob wir rote, gelbe Kragen,
Helme oder Hüte tragen,
Stiefel tragen oder Schuh’
oder ob wir Röcke nähen
und am Fließband Schrauben drehen,
Das tut, das tut nichts dazu.
Ob wir können präsidieren,
oder müssen Akten schmieren,
ohne Rast und ohne Ruh.
Ob wir dicke Bücher lesen
oder aber binden Besen,
das tut, das tut nichts dazu.
Aber ob wir Neues bauen
Oder Altes nur verdauen,
wie das Gras verdaut die Kuh,
ob wir für die Welt was schaffen
oder nur die Welt begaffen,
das tut, das tut nichts dazu.
Oder ob wir still betrachten,
wie Menschen die Menschen achten,
der Beruf verboten wird,
oder ob wir uns entscheiden,
diesen Alptraum zu vertreiben,
das tut, das tut nichts dazu.
Ob wir tatenlos zuschauen,
wie sie unser Recht abbauen,
und wir fügen uns dem Bann,
dann sind die, die immer hoffen,
sie selbst würden nicht betroffen,
schließlich selbst mit schuld daran.
Drum ihr Schwestern, drum ihr Brüder,
alles eines Bundes Glieder,
was ein jeder von euch tu,
alle, die dies Lied gesungen,
so die Alten, so die Jungen,
tun wir, tun wir was dazu.
Autor unbekannt
Weiter ging es Richtung Atzelberg. Am Fuße des Atzelberg-Turms angekommen, wurde ein Text von Annette von Droste-Hülshoff gelesen.
Am Turme
Ich steh’ auf hohem Balkone am Turm,
Umstrichen vom schreienden Stare,
Und lass’ gleich einer Mänade den Sturm
Wir wühlen im flatternden Haare;
O wilder Geselle, o toller Tant,
Ich möchte dich kräftig umschlingen,
Und, Sehne an Sehne, zwei Schritte vom Rand
Auf Tod und Leben dann ringen!
Und drunten seh’ ich am Strand, so frisch
Wie spielende Doggen, die Wellen
Sich tummeln rings mit Geklaff und Gezisch
Und glänzende Flocken schnellen.
O, springen möcht’ ich hinein alsbald
Recht in die tobende Meute,
Und jagen durch den korallenen Wald
Das Walroß, die lustige Beute!
Und drüben seh’ ich ein Wimpel wehn
So keck wie eine Standarte,
Seh’ auf und nieder den Kiel sich drehn
Von meiner luftigen Warte;
O, sitzen möchte’ ich im kämpfenden Schiff,
Das Steuerruder ergreifen,
Und zischend über das brandende Riff
Wie eine Seemöwe streifen.
Wär’ ich ein Jäger auf freier Flur,
Ein Stück nur von einem Soldaten,
Wär’ ich ein Mann doch mindestens nur,
So wärde der Himmel mir raten;
Nun muß ich sitzen so fein und klar,
Gleich einem artigen Kinde,
Und darf nun heimlich lösen mein Haar
Und lassen es flattern im Winde!
Annette von Dröste-Hülshoff
Auf dem Rückweg erzählte Karin Schmitt von ihrem Buch „Die unverstandenen Geschenke des Lebens“, dass sie am Abend vorstellte.
Karin Schmitt (rechts) mit zwei Teilnehmern auf dem Weg zum Treffpunkt
Ein abwechslungsreicher Spaziergang fand nach etwa 2 Stunden sein Ende. Die Begegnung miteinander hat mir und allen Beteiligten sehr viel Freude bereitet.
Gerd Taron
Gerd Taron und Karin Schmitt vor dem Atzelberg-Turm in Kelkheim-Eppenhain