Kelkheim im Taunus, 27.06.2015
Heute musste der literarische Stadt-Spaziergang wegen schlechten Wetters ausfallen. An dieser Stelle soll zumindest virtuell ein kleiner Eindruck in Wort und Bild vermittelt werden, über besondere Orte einer Stadt – hier in Kelkheim im Taunus.
Ortseingang von Kelkheim – Foto: Gerd Taron
Augen in der Großstadt
Wenn du zur Arbeit gehst
am frühen Morgen,
wenn du am Bahnhof stehst
mit deinen Sorgen:
da zeigt die Stadt
dir asphaltglatt
im Menschentrichter
Millionen Gesichter:
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,
die Braue, Pupillen, die Lider –
Was war das? vielleicht dein Lebensglück…
vorbei, verweht, nie wieder.
Du gehst dein Leben lang
auf tausend Straßen;
du siehst auf deinem Gang, die
dich vergaßen.
Ein Auge winkt,
die Seele klingt;
du hast’s gefunden,
nur für Sekunden…
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,
die Braue, Pupillen, die Lider –
Was war das? Kein Mensch dreht die Zeit zurück…
Vorbei, verweht, nie wieder.
Du mußt auf deinem Gang
durch Städte wandern;
siehst einen Pulsschlag lang
den fremden Andern.
Es kann ein Feind sein,
es kann ein Freund sein,
es kann im Kampfe dein
Genosse sein.
Er sieht hinüber
und zieht vorüber …
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,
die Braue, Pupillen, die Lider –
Was war das?
Von der großen Menschheit ein Stück!
Vorbei, verweht, nie wieder.
(Kurt Tucholsky)
Blick auf den „Hausberg“ von Kelkheim, den Staufen – Foto: Gerd Taron
Die Stille ist nicht auf den Gipfeln der Berge,
der Lärm nicht auf den Märkten der Städte;
beides ist in den Herzen der Menschen.
(Aus Indien)
Kirchenfenster in der Stadt-Kapelle in Kelkheim-Stadtmitte – Foto: Gerd Taron
Die Welt unser Traum
Nachts im Traum die Städt’ und Leute,
Ungeheuer, Luftgebäude,
Alle, weißt du, alle steigen
Aus der Seele dunklem Raum,
Sind dein Bild und Werk, dein eigen,
Sind dein Traum.
Geh am Tag durch Stadt und Gassen,
Schau in Wolken, in Gesichter,
Und du wirst verwundert fassen:
Sie sind dein, du bist ihr Dichter!
Alles, was vor deinen Sinnen
Hundertfältig lebt und gaukelt,
Ist ja dein, ist in dir innen,
Traum, den deine Seele schaukelt.
Durch dich selber ewig schreitend,
Bald beschränkend dich, bald weitend,
Bist du Redender und Hörer,
Bist du Schöpfer und Zerstörer.
Zauberkräfte, längst vergeßne,
Spinnen heiligen Betrug,
Und die Welt, die unermeßne,
Lebt von deinem Atemzug.
Hermann Hesse
Stadtmitte Süd Kelkheim – Foto: Gerd Taron
Wenn du deine Stadt verändern willst, dann gehe an die hohen und an die niedrigen Orte. Das, was dazwischen liegt, kann dir ziemlich egal sein.
Autor unbekannt
Weiher zwischen Kelkheim-Hornau und Kelkheim –Mitte – Foto: Gerd Taron
Willst du dein Land verändern,
verändere deine Stadt.
Willst du deine Stadt verändern,
verändere deine Straße.
Willst du deine Straße verändern,
verändere dein Haus.
Willst du dein Haus verändern,
verändere dich selbst.
Arabisches Sprichwort
Gerd Taron
PS: Der nächste literarische Stadt-Spaziergang findet am Samstag, 25.07.2015 statt. Treffpunkt ist wieder Violas Bücherwurm in der Bahnstraße 13 in Kelkheim