Bitte erst lesen! – Literarischer Wochenendgruß vom 05.08.16
Liebe Leserinnen und Leser des literarischen Wochenendgrußes,
das neue Thema soll keine Aufforderung sein, die neue Ausgabe noch genauer lesen. Es mag jeder das herauszulesen, was besonders berührt.
Es ist auch kein Hinweis darauf, künftig Gebrauchsanleitungen oder die Beipackzettel für irgendwelche Medikamente, die kaum jemand richtig versteht, besser zu beachten.
Eine Teilnehmerin bei der ersten Veranstaltung „Die Farben des Sommers“ am vergangenen Freitag (siehe auch Hinweis am Ende dieses Grußes) hat mich inspiriert, über dieses Thema nachzudenken
Sie erzählte uns von ihrem Tagebuch, dass sie geschrieben hat. Sie bittet bei ihrem Ableben, den Nachfahren, vor dem möglichen Entsorgen die Aufmerksamkeit darauf zu legen.
Ein Tagebuch erzählt viel über ein Leben eines Menschen. Es sind besondere Momente, wenn Menschen ihr Leben in dieser Form Einsicht in ihr Inneres geben.
Foto: Christina Eretier
Ich lernte zu lesen, die Leben Anderer.
Ich lernte zu spüren das Gestern,
Heute,
Morgen,
welches in Dir lebt.
Ich sah hindurch der Schleier aller Zeiten
und nahm den Auftrag meines Lebens an,
Dich zu führen still an lieber Hand.
Alles war für mich, als ob ich selbst
es doch erleben sollte.
Leben.
Sterben.
Freude.
Hass.
Ich lernte zu bleiben
und zu gehen.
Lernte das Empfangen
und das Lassen.
Ich lernte zu vergeben,
lernte zu warten, abzugeben,
still zu sein.
Ich lernte zur rechten Zeit zu sein.
Ich lernte mit Dir
LEBEN.
– Erfahrung-
Anja Schindler
Foto: Gerd Taron
Ich las schon lang. Seit dieser Nachmittag,
mit Regen rauschend, an den Fenstern lag.
Vom Winde draußen hörte ich nichts mehr:
mein Buch war schwer.
Ich sah ihm in die Blätter wie in Mienen,
die dunkel werden von Nachdenklichkeit,
und um mein Lesen staute sich die Zeit. –
Auf einmal sind die Seiten überschienen,
und statt der bangen Wortverworrenheit
steht: Abend, Abend… überall auf ihnen.
Ich schau noch nicht hinaus, und doch zerreißen
die langen Zeilen, und die Worte rollen
von ihren Fäden fort, wohin sie wollen…
Da weiß ich es: über den übervollen
glänzenden Gärten sind die Himmel weit;
die Sonne hat noch einmal kommen sollen. –
Und jetzt wird Sommernacht, soweit man sieht:
zu wenig Gruppen stellt sich das Verstreute,
dunkel, auf langen Wegen, gehn die Leute,
und seltsam weit, als ob es mehr bedeute,
hört man das Wenige, das noch geschieht.
Und wenn ich jetzt vom Buch die Augen hebe,
wird nichts befremdlich sein und alles groß.
Dort draußen ist, was ich hier drinnen lebe,
und hier und dort ist alles grenzenlos;
nur daß ich mich noch mehr damit verwebe,
wenn meine Blicke an die Dinge passen
und an die ernste Einfachheit der Massen, –
da wächst die Erde über sich hinaus.
Den ganzen Himmel scheint sie zu umfassen:
der erste Stern ist wie das letzte Haus.
Rainer Maria Rilke
Aus: Das Buch der Bilder
Foto: Ursula Schweiss
In meiner Blockhütte
Diese Blockhütte am See im Norden,
zu der keine Straße führt.
Auf den Bergspitzen gegenüber
Schnee bis in den Sommer.
Kein Telefonempfang. Eine Handvoll Bücher,
die ich immer wieder lesen kann:
Stifter, die Bibel, Guterson,
die Gedichte von Mary Oliver,
von Borchers, Domin, Lavant.
Papier zum Schreiben,
diese Schnörkel, die Welt sind,
und Seele und Geist, und Erwachen.
Ein kleiner Garten mit Kartoffeln,
Bohnen und Zwiebeln.
Eine Angel, wenn nichts im Garten wächst
und mir Haferflocken und Trockenobst ausgehen.
Das Postflugzeug einmal im Monat,
das mit Schwimmern auf dem See landet.
So lebe ich gelegentlich hier im Dorf,
unter meinen Freunden,
mit Telefon, E-Mail und einer ganzen Bücherei.
Die Wildnis ist kein Ort, sie liegt in mir
und ich kann sie jederzeit berühren.
Sie holt mich von innen ein.
Da halte ich meine Seele zurück,
dass sie sich nicht verströmt.
Aus dem Buch AUF DEM WASSER GEHEN von Ulrich Schaffer
Foto: Kathi Widera
Die Natur ist eines der schönsten Bücher wir sollten es öfter zur Hand nehmen und darin lesen
Karl Miziolek
Foto: Christina Eretier
Nimm dir Zeit zum Denken,
es ist die Quelle der Kraft.
Nimm dir Zeit für die Arbeit,
denn dies ist der Preis des Erfolges.
Nimm dir Zeit zum Spielen,
dies ist das Geheimnis der Jugend.
Nimm dir Zeit zum Lesen,
dies ist die Grundlage des Wissens.
Nimm dir Zeit für die Andacht,
das wäscht den irdischen Staub von deinen Augen.
Nimm dir Zeit zum Träumen,
dies ist der Weg zu den Sternen.
Nimm dir Zeit zum Lachen,
das hilft, die Bürden des Lebens zu tragen.
Nimm dir Zeit für die Liebe,
sie ist der wahre Reichtum des Lebens.
Nimm dir Zeit, dich umzuschauen, der Tag ist zu kurz,
um selbstsüchtig zu sein.
Nimm dir Zeit, um mit Freunden zusammenzusein
und ihnen zu helfen, dies ist die Quelle des Glücks.
Zeit ist das begrenzteste Mittel, das du zur Verfügung hast.
Deshalb nimm dir Zeit, den Duft der Rosen zu genießen.
(Ein Gedicht aus Irland)
–
Ich wünsche Ihnen, dass Sie an diesem Wochenende genügend Zeit zum Lesen finden. Suchen sich den Ort, wo Sie sich besonders wohlfühlen.
Ihr/Euer
Gerd Taron
Zum Abschluss zwei eigene Veranstaltungshinweise für das Wochenende:
Eine besondere Veranstaltungsreihe mit einer lieben Freundin und Künstlerin, Connie Albers, wird am Freitag, 05.08. ab 19 Uhr fortgesetzt. Ein weiterer Abend findet am Freitag, 12.08., ebenfalls ab 19 Uhr, statt.
Unter dem Thema „Farben des Sommers – Phantasiereisen und Geschichten“ gibt es im stimmungsvollen Malgarten der Familie Albers Gelegenheit sich wohlzufühlen und zu entspannen.
Endlich ich – Zeit für mich! Freuen Sie sich auf stimmungsvolle und farbige Sommerabende bei hausgemachtem Apfelwein, Gebäck, Klangreisen, Geschichten und Gedichten!
Die Genießerpauschale beträgt 15 Euro pro Person
Treffpunkt: Familie Albers, Eppsteiner Str. 50, Kelheim-Fischbach
Anmeldungen nehmen entgegen:
Connie Albers, conniealbers@gmx.de, Tel. 06195-63600
oder
Gerd Taron, taron-antiquariat@gmx.de, Tel. 06195-676695
Ein Bericht der ersten Veranstaltung finden Sie unter diesem Link:
Die Farben des Sommers – ein stimmungsvoller Abend im Sommergarten bei Familie Albers
Samstag, 06.08.16 – 17:00 Uhr (Ende ca. 18:30 Uhr)
Literarischer Sommerabend-Spaziergang am Rettershof in Kelkheim-Fischbach
Treffpunkt: Unter der Linde am Rettershof
Kostenbeitrag: 5 Euro
Nach dem Spaziergang besteht die Möglichkeit, im Landgasthof „Zum fröhlichen Landmann“ zu verweilen.