Und es ist Sommer – Literarischer Wochenendgruß vom 29.06.18
Liebe Freunde des literarischen Wochenendgrußes,
in Hessen und anderen Bundesländern haben die Sommerferien begonnen. Nicht nur für Schüler und Lehrer ist es die wohl schönste Zeit des Jahres. Endlich sind keine Pflichten, wie zum Beispiel Hausaufgaben, zu erfüllen. Freie Zeit, die jeder für sich nutzen kann, wie es ihm beliebt.
Die Sonne zeigt sich derzeit in unseren Breitengraden von ihrer besten Seite.. Die Texte dieser Sommer-Ausgabe wurden beim literarischen Sommer-Spaziergang am vergangenen Sonntag rund um den Rettershof präsentiert.
Foto: Gerd Taron
In prächtigen Farben
naht wieder der Sommer.
Der Wind spielt
lächelnd im Haar,
streicht über die Felder,
liebkost deine Wangen.
Du weinst,
weil so schön
es einst war …
In prächtigen Farben
naht wieder der Sommer,
schenkt Blumen
und Wärme und Licht;
Erinnerung wandert
durch Tannenwälder,
die hohen Bäume
sie warten auf
auf dich …
Im Sommer kannst einmal noch
Hitze atmen,
die Liebe, das Sein
und den Tod;
in Farben und Flammen
schlägt alles zusammen –
an diesen Tagen
in Rot.
(Ingrid Streicher)
Foto: Gerd Taron
Soll ich denn einen Sommertag dich nennen,
dich, der an Herrlichkeit die überglänzt?
Dem Mai will Sturm die Blütenpracht nicht gönnen,
und Sommers Herrschaft ist so eng begrenzt.
Oft leuchten seines Blickes Feuerfarben,
doch bald auch hört das goldne Glänzen auf,
bis seine allerletzten Spuren starben
in Wechsel und natürlichem Verlauf.
Dir aber soll der Sommer niemals scheiden,
die Zeit sei fern, dass Schönheit dir verdirbt.
Des Todes gier`ger Blick weiß ich zu meiden:
mein Wort verhütet, dass dein Wesen stirbt.
Solange Ohren hören, Augen sehn,
besteht mein Lied, wirst du im Lied bestehn!
Karl Kraus, Nachdichtung des 18. Sonetts von Shakespeare
Foto: Hans Joerg Kampfenkel
Sommer
Weißt du, wie der Sommer riecht?
Nach Birnen und nach Nelken,
nach Äpfeln und Vergißmeinnicht,
die in der Sonne welken,
nach heißem Sand und kühlem See
und nassen Badehosen,
nach Wasserball und Sonnenkrem,
nach Straßenstaub und Rosen.
Weißt du, wie der Sommer schmeckt?
Nach gelben Aprikosen
und Walderdbeeren, halb versteckt
zwischen Gras und Moosen,
nach Himbeereis, Vanilleeis
und Eis aus Schokolade,
nach Sauerklee vom Wiesenrand
und Brauselimonade.
Weißt du, wie der Sommer klingt?
Nach einer Flötenweise,
die durch die Mittagsstille dringt,
ein Vogel zwitschert leise,
dumpf fällt ein Apfel in das Gras,
der Wind rauscht in den Bäumen,
ein Kind lacht hell, dann schweigt es schnell
und möchte lieber träumen.
Ilse Kleberger
Sommergäste
Kohlweißling flattert durch den Garten,
sucht sich die schönste Blüte aus.
Die Rose lädt ihn freundlich ein,
bald setzt er sich zum süßen Schmaus.
Die Hummeln summen im Lavendel,
dem fremden Gast vom Mittelmeer,
von seinem Duft bald schläfrig trunken,
den Pelz vom Blütenstaube schwer.
Sie lieben auch die Anemonen,
die stolz den Kopf nach oben recken
und ihre rosaroten Blüten
der Sonne froh entgegen strecken.
Die Bienen tun’s den Hummeln gleich
und sammeln fleißig Nektar ein.
Die Ringelblumen bitten herzlich,
bei ihnen auch zu Gast zu sein.
Selbst Löwenmaul und Margueriten,
die ersten Dahlien, gelb und rot,
bewirten gern die Sommergäste.
So leidet niemand derzeit Not.
Es summt und brummt in unserm Garten,
die Amsel zwitschert froh ihr Lied,
das wie die kleine weiße Wolke
am Himmel schnell von dannen zieht.
© Christa Kluge
Foto: Gerd Taron
Sommerpoesie …
Sattes Grün tränkt meine Augen
in einem See von Leben Pur
darf genüsslich Frieden saugen
an dem Busen der Natur
Herz und Seele sind verbunden
tanzen, singen, jubilieren
drehen fröhlich ihre Runden
bis sie sich im Rausch verlieren
Höre Nachtigall und Meise
Lieder voller Harmonie
führen mich auf meiner Reise
durch die Sommerpoesie
Leise flüsternd hör ich´s rauschen
aus des Blätter-Kronen-Kleid
gib mich hin, dem Klang zu lauschen
löse mich aus Raum und Zeit
Sonnenlicht küsst meine Seele
Sommerwind streift meinen Geist
bis dass nichts mehr meinem Wohlsein fehle
und mir meinen Weg des Daseins weist
Cäcilia Wentker
Foto: Hans Joerg Kampfenkel
Wie freu‘ ich mich der Sommerwonne!
Wie freu‘ ich mich der Sommerwonne,
Des frischen Grüns in Feld und Wald,
Wenn’s lebt und webt im Glanz der Sonne
Und wenn’s von allen Zweigen schallt!
Ich möchte jedes Blümchen fragen:
Hast du nicht einen Gruß für mich?
Ich möchte jedem Vogel sagen:
Sing, Vöglein, sing und freue dich!
Die Welt ist mein, ich fühl es wieder:
Wer wollte sich nicht ihrer freu’n,
Wenn er durch frohe Frühlingslieder
Sich seine Jugend kann erneu’n?
Kein Sehnen zieht mich in die Ferne,
Kein Hoffen lohnet mich mit Schmerz;
Da wo ich bin, da bin ich gerne,
Denn meine Heimat ist mein Herz.
Hoffmann von Fallersleben
Foto: Gerd Taron
Sommergebet
Es prangen Granatäpfelranken im Garten
Und blühen so warm wie das Tagesverglühen.
Zypressen wie riesige Schattenstandarten
Beginnen im Garten die Nacht zu verfrühen.
Wir heben die Arme empor zu dem Brande,
Ich tauche wie nackt bis zum Herzen in Flammen.
Mein Wesen erschaut sich im Blütengewande:
Auch ich blute auf mit den Baumbräutigamen.
Du Sonne in Scharlach, mit purpurnen Schleppen,
Entfunkelst mir unter Granatäpfelranken.
Ich komme zu dir auf lebendigen Treppen,
Ich gleiche der Abende bebendem Danken.
Ich werde ein Wahn und sein Wallen in Wangen,
Ich bin des Granatapfels fieberndes Blühen,
Die Sprühwürmchen sollen ihr Funkeln empfangen,
Verkündet, entzündet sie, Brüder im Glühen!
Theodor Däubler (1876 – 1934)
Ein sonniges Sommerwochenende mit viel Sonnenschein wünscht Ihnen
Ihr/Euer
Gerd Taron