Liebe Leserinnen und Leser des literarischen Wochenendgrußes,
in der vergangenen Woche hatte ich die große Freude nach langer Zeit wieder hinter den Kulissen unserer Dorfbäckerei in Kelkheim-Fischbach zu schauen.
Bäckermeister Bernd Wittekind gab mir die Gelegenheit, anlässlich des Erntedankfestes, der in den christlichen Kirchen am vergangenen Sonntag gefeiert wurde, neu und dankbar über unser tägliches Brot nachzudenken.
Alle Fotos mit Ausnahme des letzten sind in seiner Bäckerei entstanden.
Man kann sein Brot mit gar nichts essen.
Mit nichts als Licht und Luft bestreut.
Gefühle, die man ganz vergessen,
Geschmack und Duft der Kinderzeit,
Sie sind im trocknen Brot beschlossen,
wenn man es unterm Himmel isst.
Doch wird die Weisheit nur genossen,
wenn man den Hunger nicht vergisst.
Eva Strittmatter
DAS BROT
Ich selber war ein Weizenkorn.
Mit vielen, die mir anverwandt,
lag ich im lauen Ackerland.
Bedrückt von einem Erdenkloß,
macht’ ich mich mutig strebend los.
Gleich kam ein alter Has gehupft
und hat mich an der Nas gezupft,
und als es Winter ward, verfror,
was peinlich ist, mein linkes Ohr,
und als ich reif mit meiner Sippe,
o weh, da hat mit seiner Hippe
der Hans uns rundweg abgesäbelt
und zum Ersticken festgeknebelt
und auf die Tenne fortgeschafft,
wo ihrer vier mit voller Kraft
im regelrechten Flegeltakte
uns klopften, dass die Scharte knackte!
Ein Esel trug uns in die Mühle.
Ich sage dir, das sind Gefühle,
wenn man, zerrieben und gedrillt
zum allerfeinsten Staubgebild’,
sich kaum besinnt und fast vergisst,
ob Sonntag oder Montag ist.
Und schließlich schob der Bäckermeister,
nachdem wir erst als zäher Kleister
in seinem Troge bass gehudelt,
vermengt, geknebelt und vernudelt,
uns in des Ofens höchste Glut.
Jetzt sind wir Brot. Ist das nicht gut?
Frischauf, du hast genug, mein Lieber,
greif zu und schneide nicht zu knapp
und streiche tüchtig Butter drüber
und gib den andern auch was ab!
Wilhelm Busch
„Eines Tages ging ein armer junger Mann von Tür zu Tür, um Waren zu verkaufen, damit er sein Studium finanzieren konnte. Er stellte fest, dass er nur noch ein 10-Cent-Stück besaß und er hatte Hunger. Daher beschloss er, im nächsten Haus um etwas zu bitten. Doch als dort eine hübsche junge Frau die Tür öffnete, verließ ihn der Mut. Anstatt um eine Mahlzeit bat er nur um ein Glas Wasser.
Die Frau sah, dass er hungrig war, und brachte ihm ein großes Glas Milch und einige belegte Brote. Er aß und trank langsam und fragte dann: „Was bin ich Ihnen dafür schuldig?“ „Sie brauchen mir gar nichts dafür zu bezahlen“, antwortete sie. „Mama hat uns beigebracht, dass wir niemals akzeptieren sollen, dass man uns für eine Freundlichkeit etwas bezahlt.“
Er antwortete: „Dann danke ich Ihnen von Herzen.“ Als er das Haus verließ, fühlte sich Robert nicht nur körperlich gestärkt, sondern er spürte auch, wie er seine Zuversicht wiedergewann. Er hatte kurz davor gestanden, aufzugeben.
Einige Jahre später wurde diese junge Frau ernsthaft krank. Die Ärzte in ihrem Ort wussten nicht mehr weiter. Sie schickten sie in die nächste Großstadt und baten die Spezialisten, die Behandlung dieser seltsamen Erkrankung zu übernehmen.
Dr. Robert Schmidt wurde gerufen, um sich die Patientin anzusehen. Als er den Namen der Stadt hörte, aus der sie stammte, blitze ein seltsames Funkeln in seinen Augen auf. Er stand sofort auf und machte sich auf den Weg zu ihrem Zimmer. In seinem weißen Kittel trat er an ihr Bett. Er erkannte sie sofort wieder. Dann ging er wieder in sein Büro zurück, fest entschlossen, sein Bestes zu geben, um ihr Leben zu retten. Von diesem Tag an kümmerte er sich mit ganz besonderer Aufmerksamkeit um ihren Fall.
Nach einem langen Kampf war die Schlacht schließlich gewonnen. Dr. Schmidt bat darum, dass die abschließende Rechnung zuerst ihm zur Prüfung vorgelegt würde. Er sah nur kurz darauf, schrieb dann eine Bemerkung an den Rand und schickte die Rechnung ins Krankenzimmer. Die Frau fürchtete sich davor, sie zu öffnen, weil sie sicher war, dass sie den Rest ihres Lebens damit verbringen müsste, sie vollständig abzubezahlen.
Endlich öffnete sie doch den Umschlag. Etwas Handgeschriebenes auf dem Rand der Rechnung fesselte sofort ihre Aufmerksamkeit.
Sie las die Worte: „Vollständig bezahlt mit einem Glas Milch und einigen Broten, gez. Dr. Robert Schmidt.“
Tränen der Freude schossen ihr in die Augen, und ihr Herz betete voller Freude: „Danke, mein Gott, dass Deine Liebe durch die Herzen und die Hände von Menschen ausströmt.“
(Autor leider unbekannt)
Der Geruch des Brotes ist der Duft aller Düfte. Es ist der Urduft unseres irdischen Lebens, der Duft der Harmonie, des Friedens und der Heimat.
Jaroslav Seifert, tschechischer Schriftsteller und Nobelpreisträger 1984
Erde, die uns dies gebracht
Erde, die uns dies gebracht,
Sonne, die es reif gemacht.
Liebe Sonne, liebe Erde,
euer nie vergessen werde.
Wir haben volle Teller
und voll sind Scheune und Keller,
wir leiden keine Not.
Gesichert ist das Brot,
die Äpfel sind knallrot
und auch der süße Wein
lief rein ins Fass hinein.
Die Ernt‘ ist geborgen,
wir haben keine Sorgen,
drum sei heut Dank gebracht,
Sonne, die es reif gemacht.
Liebe Sonne, liebe Erde,
euer nie vergessen werde !
Christian Morgenstern
Foto: Bruder Paulus
Schenk mir das Fingerspitzengefühl,
um herauszufinden, was erstrangig ist.
.
Bewahre mich vor dem Glauben,
es müsse alles glatt gehen im Leben.
.
Erinnere mich daran,
dass das Herz oft gegen den Verstand streikt.
.
Schicke mir im rechten Augenblick
jemand, der den Mut hat,
mir die Wahrheit über die Liebe zu sagen.
.
Gib mir das tägliche Brot für Leib und Seele,
auf offener Straße eine Geste deiner Liebe,
ein freundliches Echo,
und wenigstens hin und wieder
das Erlebnis,
dass ich gebraucht werde.
.
Mache aus mir einen Menschen,
der einem Schiff mit Tiefgang gleicht,
um auch die zu erreichen,
die unten sind.
.
Gib mir nicht, was ich wünsche,
sondern, was ich brauche.”
.
Antoine de Saint Exupéry
Ich wünsche Ihnen bei Ihren Unternehmungen an diesem Wochenende viel Freude und Dankbarkeit für das was wir haben.
Ihr/Euer
Gerd Taron
Zwei Veranstaltungshinweise in eigener Sache:
Sonntag, 07.10.18 ab 14 Uhr Literarischer Spaziergang zur Buchmesse. Weitere Informationen finden Sie hier:
Zwischen Hölle und Himmel – Literarischer Buchmesse-Spaziergang am Sonntag, 07.10. ab 14 Uhr mit Franziska Franz und Connie Albers rund um den Frankfurter Hauptbahnhof
Sonntag, 14.10.18 um 12:45 Uhr – Literarischer Erntedank-Spaziergang auf dem Rettershof anlässlich des Erntedank- und Handwerkerfestes