Nutze den Augenblick – Literarischer Wochenendgruß vom 07.09.18

Nutze den Augenblick – Literarischer Wochenendgruß vom 07.09.18

Liebe Leserinnen und Leser des literarischen Wochenendgrußes,

bei zwei literarischen Spaziergängen in diesem Jahr habe ich das ungewöhnliche Buch von Bernhard Nollen „ Nutze den Augenblick – Gedanken zur Lebenskunst“ vorgestellt. Es enthält wunderbare Zitate des römischen Kaisers und Philosophen Marc Aurel. Dazu präsentiert Bernhard Nollen seine wunderschönen Fotografien, die
mit den Worten Aurels verwoben sind.

Dies ist für mich der Anlass, in diesem Wochenendgruß auf die Worte von Marc Aurel einzugehen. Die Fotos sind alle mit einem neuen Blick in den letzten Tagen entstanden. Der Abschluss ist allerdings mit einem einfühlsamen Text von Ulrich Schaffer versehen.

Einsamkeit suchen die Menschen auf ländlichen Fluren, am Meeresufer, in den Bergen. Doch einer wie beschränkten Ansicht entspringt dieser Wunsch ! Kannst du dich doch, sooft du nur willst, in dich selbst zurückziehen. Gibt es doch nirgends eine stillere, und ungestörtere Zufluchtsstätte, als die Menschenseele…

Mark Aurel

Leben ist Veränderung!

Beachte immer, dass nichts bleibt,
wie es ist, und denke daran,
dass die Natur immer wieder
ihre Formen wechselt.

Mark Aurel

Du musst nicht meinen, dass etwas menschenunmöglich sei, nur weil du es kaum zuwege bringen kannst, sondern wenn etwas menschenmöglich und durchführbar ist, dann sieh es auch für dich als erreichbar an.

Marc Aurel

Ziehe weniger das in Betracht, was du nicht hast, sondern das, was du hast; stelle dir die liebsten vor und denke nach, wie du denselben nachstreben würdest, wenn sie nicht dein wären. Nimm dich aber auch in acht, dich an sie zu gewöhnen, weil sie dir so sehr behaglich sind, und sie allzu hoch zu schätzen, damit es dich nicht deine Gemütsruhe koste, wenn du sie verlieren solltest.

Jung sein

Die Jugend kennzeichnet nicht einen Lebensabschnitt,
sondern eine Geisteshaltung;
sie ist Ausdruck des Willens,
der Vorstellungskraft und der Gefühlsintensität.
Sie bedeutet Sieg des Mutes über die Mutlosigkeit,
Sieg der Abenteuerlust über den Hang zur Bequemlichkeit.

Man wird nicht alt, weil man
eine gewisse Anzahl Jahre gelebt hat:
Man wird alt, wenn man seine Ideale aufgibt.
Die Jahre zeichnen zwar die Haut
– Ideale aufgeben aber zeichnet die Seele.
Vorurteile, Zweifel, Befürchtungen
und Hoffnungslosigkeit sind Feinde,
die uns nach und nach zur Erde niederdrücken
und uns vor dem Tod zu Staub werden lassen.

Jung ist, wer noch staunen und sich begeistern kann.
Wer noch wie ein unersättliches Kind fragt: Und dann?
Wer die Ereignisse herausfordert
und sich freut am Spiel des Lebens.

Ihr seid so jung wie Euer Glaube.
So alt wie Eure Zweifel.
So jung wie Euer Selbstvertrauen.
So jung wie Eure Hoffnung.
So alt wie Eure Niedergeschlagenheit.

Ihr werdet jung bleiben,
solange Ihr aufnahmebereit bleibt:
Empfänglich fürs Schöne, Gute und Große,
empfänglich für die Botschaften der Natur,
der Mitmenschen, des Unfaßlichen.
Sollte eines Tages Euer Herz
geätzt werden von Pessimismus,
zernagt von Zynismus,
dann möge man Erbarmen haben
mit Eurer Seele – der Seele eines Greises.

Marc Aurel

Die Zeit ist ein Fluss und ein gewaltiger Strom der Dinge. So bald man jenes gesehen hat, ist es schon vorüber, und fährt ein anderes daher, wird es ebenso schnell vorüber sein.

Marc Aurel

Schau in dich hinein: In dir ist die Quelle des Guten, eine Quelle, die nicht versiegen kann, wenn du nicht aufhörst zu graben.

Marc Aurel

Schmecke die Luft

Lass los,
nimmermehr kommt die blaue Blume
oder der goldene Vogel zu Besuch.
Vor uns liegt ein großer Wald,
dessen Lichtung gesucht werden muss,
wie eine Nadel im Heuhaufen, so groß,
wie von hier bis zum Mond.
Steh still,
vielleicht dreht sich die Welt dir zu
und du kannst neu aufsteigen,
mit der Sicherheit der Himmelsmechanik
in einer Tasche aus Gräsern
locker über die Schulter geschlungen.
Schmecke die Luft,
noch ist es nicht zu spät
deinen Atem zu lockern
und die Augen schweifen zu lassen
wie Vögel, die alle Farben außer golden sind.
Es ist trotzdem alles ein Fest.
Ulrich Schaffer

Mit diesen nachspürbaren Texten wünsche ich Ihnen ein erholsames Wochenende.

Ihr/Euer

Gerd Taron

Informationen zum Buch (im Buchhandel nicht mehr erhältlich):

Bernard Nollen

„Nutze den Augenblick“
Gedanken zur Lebenskunst von Marc Aurel

Dumont-Verlag – 1999, ISBN: 9783770148936

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