Mit allen Sinnen leben – Literarischer Wochenendgruß vom 31.08.18

Mit allen Sinnen leben – Literarischer Wochenendgruß vom 31.08.18

Liebe Freunde des literarischen Wochenendgrußes,

selten hat sich in der Geschichte des literarischen Wochenendgrußes vor mehr als 7 Jahren bei mir persönlich ein Wunsch mehr als erfüllt. In der letzten Woche schrieb ich, dass man „guter Hoffnung sein soll“. Damit habe ich mir und anderen Mut machen wollen. Jetzt, nach der ersten überstandenen Augenoperation, ist tatsächlich ein kleines Wunder geschehen. Dieser Wochenendgruß kann, trotz Skepsis vorher, wie gewohnt erscheinen. Es ist ein neues Leben, dass ich jetzt die Welt und die Natur anders betrachten kann, viel detaillierter und schärfer.

Der nachfolgende Text vom wunderbaren Ulrich Schaffer beschreibt meine eigene Situation in den letzten Wochen in wunderbarer Weise. Er selbst sagt über dieses Gedicht, dass es für ihn einer der gelungensten über die Hoffnung sei.

Sonnenaufgang am Staufen mit Blick auf Kelkheim-Fischbach – Foto: Gerd Taron

Erfinderin neuer Lösungen

Du schreibst, dass dir die Hoffnung vergeht
und sich der Abgrund auftut.
Ich bitte dich, die Wirklichkeit nicht so ernst zu nehmen,
sie ist der Kraft deiner Hoffnung nicht gewachsen.
Deine Hoffnung existiert getrennt
von allem, was dir passiert.
Sie steht über den Ereignissen der Welt,
auch deiner persönlichen Welt.
Es gibt die Hoffnung als helle Luft,
als einen Korb rotbackiger Äpfel,
als Hände, die ineinander liegen,
als ein Lächeln gegen den Tod
der kleinen, vorsichtigen Liebe,
als Entscheidung, die keine Grenzen kennt.

Und schon wirst du die Erfinderin neuer Lösungen,
legst Mut auf Vorrat an,
entscheidest, was wirklich ist,
lachst quer durch deine Tränen,
als wären sie die einer anderen.

Aus deinem Rucksack
schaut keck eine kleine Fahne hervor,
auf der steht: Man kann die Hoffnung
gar nicht spät genug aufgeben.
Ich habe sie dir reingesteckt,
als Gruß von weit weg.

Ulrich Schaffer

Foto: Gerd Taron

Sanft und zärtlich
kommt er daher,
der Augenblick.
Berührt die Sinne,
in vollem Genuss
und zaubert Dir damit
ein Lächeln
mitten ins Gesicht.
~~~
Text: Monika Heckh

St. Stephan in Mainz – Foto: Gerd Taron

Das Kirchenfenster meiner Iris
Das bunte Kirchenfenster meiner Iris,
die Mechanik meines Ellenbogens,
die beherzte Pumpe in meiner Brustgegend,
das Orchester in meinem Ohr,
das Brahms´ Requiem spielt,
das Kochbuch in meinem Mund,
wie kann ich da anders, als sie zu lieben, diese Sinne,
mit dem an mir, was unsichtbar ist
und mich doch mehr erfasst,
als alles, was aufzählbar ist
in einer Welt, die Angst hat
vor dem Unsichtbaren
und doch davon lebt.

Ulrich Schaffer

Foto: Gerd Taron

… Waldspaziergang …

Fühle unter meinen Füßen
weichen Boden, Schritt für Schritt
unterwegs, um zu genießen
nehm´ ich meine Sinne mit
Rundherum ein tirilieren
dringt ganz tief in mich hinein
bringt mein Herz zum dirigieren
Melodie zum Glücklich sein
Lausche Amsel, Fink und Meise
wie sie zwitschern mir ein Lied
ich bedanke mich ganz leise
singe in Gedanken mit
Plötzlich über mir ein Rauschen
Blätter wiegen sich im Tanz
es tut gut, dem Wind zu lauschen
kann mich fallen lassen ganz
Durch die Baumwipfeln herunter
Sonnenlicht strahlt durch´s Geäst
bin glückselig und so munter
weil es mich erwachen lässt
Fühle eins mich mit den Bäumen
mit den Tieren und noch mehr
und ich fange an zu träumen
dass ich eine Elfe wär
Voll mit der Natur verbunden
spüre ich ganz tief in mir
habe endlich das gefunden
was ich suchte…es ist hier
Mein Herz öffnet sich, ich strahle
Licht und Liebe strömt heraus
und erkenn´ mit einem Male
wo ich wirklich bin zuhaus´
Denn mein Ursprung, meine Quelle
sehe ich nun klar vor mir
Und ich leb´ mit jeder Zelle
Gott, aus deiner Liebe hier

Cäcilia Wentker

Foto: Gerd Taron

Man öffnet die Augen,
schließt sie wieder und nimmt das,
was man erblickt, hinüber in den Traum.
Das ist das Leben!

[© Friedrich Hebbel]

Foto: Beate Vennemann

Wir haben verlernt mit den Füßen zu spüren
wir haben verlernt, die Kraft der Erde zu spüren
wir haben verlernt, all unsere feinen Sinne zu spüren

komm gib mir deine Hand
und lass deine Schuhe dort stehen
lass uns mit den Ohren vernehmen
das Rauschen der Wellen
lass unsere Augen schweifen
so weit der Horizont reicht
lass uns die Meeresluft
bis in die Fußspitzen atmen
lass uns das Salz
auf unseren Lippen schmecken
lass die Wärme des Sandes
bis in unsere Herzen dringen

lass uns mit dem ganzen Körper spüren
den Reichtum
den die Natur uns schenkt

Lass uns leben mit all unseren Sinnen ” ༺ಌ༺

Autor unbekannt

Foto: Brigitte Krieg

Ich wünsche Dir Augen,
die Dich so sehen, wie Du wirklich bist,
die Dich ins rechte Licht rücken,
Dich sanft tragen an einen guten Ort.
Ich wünsche Dir Ohren, die die feinen
Schwingungen und Untertöne aus
Deinen Worten aufnehmen,
die die Sprache Deines Herzens verstehen.
Ich wünsche Dir Hände,
die Dich leiten und begleiten,
die nicht lange überlegen, sondern Dich halten
zur rechten Zeit Dir Hilfe sind.
Ich wünsche Dir das Wesen von Liebe,
Glück und Freude an Deine Seite,
Zuversicht, Gelassenheit und Demut
in Dein Herz.
Ich wünsche Dir die Güte des Lebens
zu sein und zu werden,
wie Du wirklich bist,
gemeint bist
mit all Deinen Eigenschaften.
Möge das Leben Dich bejahen,
bejahen
Dein Sein.

Anja Schindler

Foto: Gerd Taron

Das Grün der Wiesen ~ erfreue deine Augen.
Das Blau des Himmels ~ überstrahle deinen Kummer.
Die Sanftheit der kommenden Nacht ~
mache alle dunklen Gedanken unsichtbar!

[Irischer Segenswunsch]

Mit diesen Worten wünsche ich allen Lesern ein wundervolles und erholsames Wochenende.

Ihr/Euer

Gerd Taron