Lebendiges Wasser – Literarischer Wochenendgruß vom 20.07.18

Lebendiges Wasser – Literarischer Wochenendgruß vom 20.07.18

Liebe Leserinnen und Leser des literarischen Wochenendgrußes

In diesem heißen und trockenen Sommer sehnen viele sich nach dem Wasser. Es muss nicht immer das Meer sein, sondern oft reicht ein kleiner Bach, um sich zu erfrischen. Wasser gehört zu den wichtigsten Lebenselementen.

Der Jahreszeit und des derzeitigen Wetters bedingt habe ich einige Texte und passende Fotos zusammengestellt, die den Weg und die Wichtigkeit von Wasser zeigen mögen.

Foto: Gerd Taron

Der Römische Brunnen

Aufsteigt der Strahl und fallend gießt
Er voll der Marmorschale Rund,
Die, sich verschleiernd, überfließt
In einer zweiten Schale Grund;
Die zweite gibt, sie wird zu reich,
Der dritten wallend ihre Flut,
Und jede nimmt und gibt zugleich
Und strömt und ruht.

C. F. Meyer

Foto: Gerd Taron

An der Quelle

Du bist die Quelle des Lebens,
lass mich den Weg zu ihr finden.

Du bist die Quelle des Glaubens,
lass mich nie an ihrer Klarheit zweifeln.

Du bist die Quelle der Hoffnung,
lass mich aus ihr Kraft schöpfen.

Du bist die Quelle der Liebe,
lass sie nie in mir versiegen.

Irmgard Erath

Foto: Gerd Taron

Die Wasser tragen alles:
Leg‘ nur dein Glück darauf !
Sie heben’s wie auf Händen
zum Sternenlicht hinauf.
Die Wasser tragen alles:
Leg‘ auch dein Leid darauf !
Sie tragen’s nach dem Meere
in nimmermüdem Lauf.

Karl Ernst Knodt

Foto: Gerd Taron

Aus China:

Einen Weisen im alten China fragten einmal seine Schüler:
„Du stehst nun schon so lange vor diesem Fluss und schaust ins Wasser.
Was siehst du denn da?“

Der Weise gab keine Antwort. Er wandte den Blick nicht ab
von dem unablässig strömenden Wasser. Endlich sprach er:

„Das Wasser lehrt uns, wie wir leben sollen.
Wohin es fließt, bringt es Leben und teilt sich aus an alle,
die seiner bedürfen.
Es ist gütig und freigiebig.

Die Unebenheiten des Geländes versteht es auszugleichen.
Es ist gerecht.

Ohne zu zögern in seinem Lauf,
stürzt es sich über Steilwände in die Tiefe.
Es ist mutig.

Seine Oberfläche ist glatt und ebenmäßig,
aber es kann verborgene Tiefen bilden.
Es ist weise.

Felsen, die ihm im Lauf entgegenstehen, umfließt es.
Es ist verträglich.

Aber seine Kraft ist Tag und Nacht am Werk,
das Hindernis zu beseitigen.
Es ist ausdauernd.

Wie viele Windungen es auch auf sich nehmen muss,
niemals verliert es die Richtung zu seinem ewigen Ziel,
dem Meer, aus dem Auge.
Es ist zielbewusst.

Und so oft es auch verunreinigt wird, bemüht es sich doch unablässig,
wieder rein zu werden.
Es hat die Kraft, sich immer wieder zu erneuern.

Das alles ist es, warum ich auf das Wasser schaue.
Es lehrt mich das rechte Leben!“

Foto: Brina Stein

Schaukelnd ruht auf den Wellen der Kahn,
das Wasser gluckst unter den Planken.
Zur Mitte des Sees würde gerne ich fahrn,
zurücklassen all meine Gedanken.
Im dümpelnden Boot triebe ich dahin,
befreit von Alltag und Sorgen.
Der Mond würde silberne Bahnen ziehn
ich fragte mich nicht: was wird wohl morgen?
Sterne würden funkelnd erwachen,
Stille wäre rings um mich her;
tiefe Ruhe – und mein Herz würde lachen;
innerer Frieden – ich wünsche ihn mir sehr!

© Edith Tries

Foto: Brina Stein

Am Horizont

Erinnert dich das Meer an das,
was du vergessen hast –
deine Zugehörigkeit zu Allem?
Es rauscht, als gingst du es nichts an,
aber es ist nicht so.
Jede Welle hat ihr Aufbäumen,
ihren Zusammenbruch, ihr Auslaufen
und ist darin das Gleichnis,
damit wir nicht vergessen,
dass es uns vollkommen gibt.
Achte darauf, wie oft deine Augen
zum Horizont gehen,
auch wenn es da nichts zu sehen gibt.
Dorthin lädst du dich ein,
dorthin bist du eingeladen,
weil der andere von dir,
die andere in dir,
dort stattfindet.
Ulrich ‚Schaffer

Foto: Sitta Derstroff

Das Leben ist, wie das Meer.
Es wiegt Dich sanft und stürmig
im Rhythmus des Großen
und
Ganzen.
Es spült Dich zum Strand Deiner Seele,
lässt Dich an Land gehen
für eine Handvoll Erfahrungen
und
nimmt Dich wieder in sich auf
für die Zeit,
die vergehen muss.
Anja Schindler
Ich wünsche ein erfrischendes Wochenende, ob an einem Bach, einem Fluss oder gar am Meer.

Ihr/Euer

Gerd Taron

Hinweis in eigener Sache:

Sonntag, 22.07.18 – 15 Uhr – Literarischer Sommer im Woogtal in Königstein im Taunus

Treffpunkt: Kur- und Stadtinformation in Königstein am Taunus, Hauptstraße 13a

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